Seit Jahren sind die Freiheiten und Rechte erwerbstätiger Menschen in der Türkei gnadenlos angegriffen worden. Bürgerliche Freiheiten wurden missachtet, Gewerkschaften und ihre Mitglieder systematisch ins Visier genommen, insbesondere durch die strafrechtliche Verfolgung aufgrund erfundener Anschuldigungen.
Die Arbeitgeber haben weiterhin Gewerkschaften zerschlagen und Beschäftigte, die versucht haben, sich gewerkschaftlich zu organisieren, systematisch entlassen. In einem Klima der Angst und unter permanenter Androhung von Vergeltungsmaßnahmen konnten die Beschäftigten sich nur mit großer Mühe zusammenschließen und Gewerkschaften gründen.
Führender Gewerkschaftsvertreter angeschossen
Bei einem Besuch in dem Werk von Akar Tekstil am 12. Februar 2024 wurde Makum Alagöz, Vorsitzender der Gewerkschaft der Leder- und Textilarbeiter (DERITEKS), ins Bein geschossen. Alagöz war hinzugezogen worden, um über nicht gezahlte Löhne und Sozialleistungen zu verhandeln, nachdem die Fabrik Insolvenz angemeldet hatte. Angegriffen wurde er von Onur Akar, dem Bruder des Eigentümers von Akar Tekstil, Hayrettin Akar. Alagöz kam dabei zwar mit leichten Verletzungen davon, aber der Angriff machte auf erschreckende Weise das gewerkschaftsfeindliche Klima deutlich.
Prozess gegen Gewerkschaftsmitglieder der Gesundheitsbranche
Die Gewerkschaft der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen der Türkei (SES) steht seit Mai 2021 wegen ihrer Tätigkeit vor Gericht. Nach einer Razzia im Büro der Gewerkschaft wurden in den frühen Morgenstunden die amtierende und die ehemalige Ko-Vorsitzende, Selma Atabey und Gonul Erden, festgenommen. Beide Frauen wurden wegen Terrorismus angeklagt. Dank nationaler und internationaler Solidaritätskampagnen wurden die beiden inzwischen freigelassen, aber zahlreiche andere Aktivist*innen der Gewerkschaft stehen nach wie vor unter Hausarrest, und die Anklagen gegen sie werden weiterhin erhoben.
Im Vorfeld einer Gerichtsanhörung am 2. Oktober 2023 verbreiteten die Gewerkschaften, denen mehrere Millionen Beschäftigte angehören, Solidaritätserklärungen in den sozialen Medien. Sie forderten das Justizministerium auf, die Anklagen fallen zu lassen. Bei der Anhörung vertagte der Richter das Verfahren lediglich auf den 20. Dezember, woraufhin die Gewerkschaft ankündigte, nicht aufzugeben, bis alle Gewerkschafter freigelassen würden.